Streitgespräch auf Re:publica 25: Inwieweit die Telekom absichtlich das Netz verlangsamt

Dass die Deutsche Telekom mutwillig den Zugang zum Netz verlangsamt, um mit Peering-Abkommen Geld zu verdienen, ist ein aktueller Vorwurf von Verbraucherschützern. Tim Lohninger wirft der Telekom nun auf der Re:publica 25 vor, einen sehr konkreten Plan zu verfolgen. Die Telekom bestreitet die Vorwürfe.
Bekannt wurden die Vorwürfe Anfang des Jahres, im April hatten Verbraucherschutzverbände dann eine Beschwerde bei der Bundesnetzagentur eingereicht. Zuvor schon hatten der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), Epicenter.works, die Gesellschaft für Freiheitsrechte sowie die Stanford-Professorin Barbara van Schewick die Aktion Netzbremse initiiert. Sie sammelten Hunderte Fälle, in denen Internetdienste kaum zu erreichen wären, weil die Telekom künstlich den Zugang zum Netz begrenze.
Bei dem Streit geht es also nicht direkt um die Endkunden, sondern um Peering-Abkommen, die regeln, wie Internet-Provider ihre Netze zusammenschalten. Auf der Re:publica 25 lieferten sich nun Thomas Lohninger von Epicenter.Works sowie Jakob Greiner, Vice President European Affairs bei der Telekom, ein Streitgespräch.
Vorwurf: Telekom handelt bewusst und nach Plan
Laut Lohninger habe die Telekom einen sehr konkreten Plan, wie sich der Zugang zum Netz verknappen lasse. „Die einzige Möglichkeit, einen Dienst für Telekom-Kunden funktionierend und ohne Unterbrechung anzubieten, ist, der Telekom Geld zu bezahlen“, so Lohninger. Und die Gebühren wären weitaus höhere, als in der Branche sonst üblich wäre.
Darunter leiden Internetdienste und insbesondere kleinere Anbieter. Die Tagesschau berichtete in dieser Woche von einem kleinen Unternehmen, dass vor allem zu „gewissen Lastzeiten“ Probleme mit der Netzverbindung habe. Technisch habe man geprüft, dass es an der Telekom liege. Diese habe jedoch keine Fehler behoben, sondern eine direkte Anbindung für einen „hohen vierstelligen bis niedrigen fünfstelligen Betrag“ pro Monat angeboten. Eine Summe, die für das Unternehmen nicht in Frage kam.
Lohninger zufolge ist dieses Vorgehen der Telekom ein Verstoß gegen die Netzneutralität, weil Netzkapazitäten künstlich verknappt werden. Entsprechende Hinweise würden auch Marktanalysen vom europäischen Telko-Verband Berec liefern, die Probleme insbesondere bei Ex-Monopolisten – wie eben der Telekom – sieht.
Telekom: Unklare Beschwerden und marktübliches Verhalten
Jakob Greiner von der Telekom weist die Vorwürfe grundsätzlich zurück. Insgesamt gebe es 165 Beschwerden, mehr als 100 davon würden aber unter anderem aus dem Telekom-Hilft-Forum stammen. Sein zentrales Argument ist: Nur weil ein Kunde einen schlechten Empfang habe, bedeute es nicht unbedingt, dass Peering-Fälle die Ursache wären.
Beim Peering gebe es auf Tier-1-Ebene – also den großen Internet-Providern – grundsätzlich „Settlement-free“-Abkommen. Einzelne Anbieter verlangen beim Datenaustausch dann jeweils kein Geld, weil der ein- und ausgehende Datenverkehr jeweils in etwa gleich groß ist. Problematisch wäre es indes, wenn der Datenverkehr eines Anbieters deutlich größer sei. „Es gibt aber einen kleinen Prozentfall, in denen Preise verlangt werden“, so Greiner. Die verlange die Telekom, die verlangen andere, das wäre üblich im Markt.
Ohnehin wäre es laut Greiner nicht im Interesse der Telekom, wenn man kleine Dienste und Start-ups benachteilige. Es gehe bei dem Konflikt vor allem um die Großen.
Streit läuft seit Jahren
Der konkrete Streit, der seit drei Jahren läuft, ist der mit Meta. Big-Tech hat die Telekom generell im Visier, so fordert der Konzern seit geraumer Zeit eine Datenmaut, weil Plattformen wie Netflix, YouTube und Instagram den Großteil des Traffics verursachen würden – und damit die Hauptprofiteure der Infrastruktur sein.
Bürgerrechtler kritisieren diese Argumente. Wenn nun einzelne Dienste unterschiedlich behandelt werden, wäre das der Einstieg in ein Zwei-Klassen-Netz, was klar gegen Netzneutralitätsvorgaben verstoße. Und letztlich wäre es ohnehin Sache der Kunden, welche Dienste sie nutzen – dafür würden sie auch den monatlichen Anschlusspreis zahlen.
Nun liegt es an der Bundesnetzagentur
Bemerkenswert ist es auf alle Fälle, dass Lohninger und Greiner sich zum öffentlichen Streitgespräch treffen. Wesentliche Widersprüche sind, inwieweit die Peering-Gebühren marktüblich sind und ob die Beschwerden mit dem Telekom-Netz tatsächlich an den Peering-Abkommen hängen.
Was genau an den Vorwürfen dran ist, muss nun die Bundesnetzagentur prüfen. Die Regulierungsbehörde untersucht die Beschwerden.